Making-of „Wildnis“. Ein Blick hinter die Kulissen der SCHIRN SHORTCUTS
Welche Idee lag dem neuen Vermittlungsformat der Schirn Kunsthalle Frankfurt zugrunde? Ein Rückblick auf die Produktion des ersten SCHIRN SHORTCUT zum Thema „Wildnis“.
Wo kommt das eigentlich her?
Am Anfang der Konzeption der SCHIRN SHORTCUTS stand die Beobachtung, dass Kunstwerke oder kulturelle Phänomene stets in der Auseinandersetzung mit Vorangegangenem entstehen. Nicht immer kann diese Vorgeschichte in einer Ausstellung erzählt werden. Und genau hier setzen die SCHIRN SHORTCUTS an: Die Reihe vermittelt durch den Einsatz von Bewegtbild die Ursprünge ausgewählter künstlerischer Phänomene und Kunstrichtungen der SCHIRN-Ausstellungen auf kurzweilige Art, indem sie in der Lebensrealität der Betrachter anknüpft und somit Aha-Momente der Erkenntnis hervorruft.
Am Anfang steht die Recherche
Neben der Kunst wird bei der umfassenden Recherche auch die Auseinandersetzung mit dem jeweiligen Phänomen in Literatur, Philosophie oder Geschichte berücksichtigt. Von zentraler Bedeutung für die Entwicklung der Erzählung sind vor allem kulturhistorische Momente, in denen grundlegende Veränderungen stattfanden.
So steht „Wildnis“ für uns heute, im Zeitalter des Anthropozäns, für Natur in ihrer Ursprünglichkeit, für eine Natur unberührt vom Menschen. Diese positive Konnotation entstand erst relativ spät, nämlich mit den Philosophen der Aufklärung. In den Jahrhunderten davor galt Wildnis vielmehr als Ort, an dem Gefahren lauern – physische und psychische. Wildnis war Ort der Abwesenheit sowohl Gottes als auch der weltlichen Gerichtbarkeit, sozusagen das negative Gegenbild zur Zivilisation. Dieser Wandel wird im SHORTCUT veranschaulicht.
Die Entwicklung der Story
Die umfangreiche Recherche liefert natürlich viel mehr Material als die zweieinhalb Minuten Film fassen können, die im SHORTCUT an Laufzeit zur Verfügung stehen. Folglich galt es, das umfangreiche Recherchematerial auf wesentliche, prägnante und exemplarische Ereignisse zu verdichten. Dabei war die Herausforderung, dass der fertige SHORTCUT am Ende in seinen Inhalten wissenschaftlich korrekt, trotz der Kürze von zweieinhalb Minuten gut verständlich sowie unterhaltsam sein sollte – und zwar gerade auch für Menschen, die keine Kunstexperten sind.
Den Betrachter beim Storytelling immer im Blick
Durch die Anknüpfung in unserer Gegenwart und damit der Lebenswelt der Betrachter machen die SHORTCUTS deutlich, warum das jeweilige Thema aktuell relevant ist. Im SHORTCUT „Wildnis“ setzt daher mit einer alltäglichen Situation ein, dem Blick aus dem Fenster.
Die Bildauswahl kombiniert historische und zeitgenössische Abbildungen, deren Aussagen sofort erfasst werden können oder die als Ikonen der Kunstgeschichte vielen Menschen bekannt sind. Eine dieser Ikonen ist beispielsweise der „Wanderer über dem Nebelmeer“ von Caspar David Friedrich, der die Überwältigung des Menschen angesichts der erhabenen Natur auf den Punkt bringt. Dies muss dem Betrachter nicht weiter erklärt werden, er erfasst es intuitiv.
Caspar David Friedrich, Der Wanderer über dem Nebelmeer, um 1817.
© Wikimedia Commons
Die Umsetzung des Films
Die visuelle Erzählung ist für die Vermittlung der Inhalte der SHORTCUTS essentiell: Durch Motion Graphics, oder einfacher ausgedrückt Animationen im Film, werden die Inhalte zusammengefügt und der Film erhält Rhythmus. Die einzelnen Komponenten sind dabei für den Betrachter nicht sichtbar, denn träte die zugrundeliegende Technik in den Vordergrund, würde dies die Wahrnehmung der Inhalte beeinträchtigen. Die Animation ist sehr anspruchsvoll und setzt sich aus unterschiedlichen Komponenten zusammen: Bewegtbild, Sprache, Schrift, Soundeffekte und Musik. Dadurch werden gleich mehrere Wahrnehmungsebenen angesprochen und auch ein emotionaler Bezug zu den Inhalten erzeugt.
Ausblick
Aktuell ist die Umsetzung des zweiten Films der SCHIRN SHORTCUTS in vollem Gange. Das SCHIRN-Team, aber auch die Texterin, der Motion Designer oder der Sound Designer arbeiten unter Hochdruck an der Visualisierung des Verhältnisses zwischen Kunst und Maschine im Rahmen der Ausstellung BRUNO GIRONCOLI. PROTOTYPEN EINER NEUEN SPEZIES.
Die Autorin
Laura Heeg, Schirn Kunsthalle, Abteilung Bildung-Vermittlung-Kunstpädagogik, ist Teil des Projektteams der SHORTCUT-Reihe und an Konzeption und Recherche zu den Filmen beteiligt.
Titelbild
SCHIRN SHORTCUT WILDNIS Filmstill © Schirn Kunsthalle Frankfurt, 2018
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